Verschenken Sie Geld?

Was seit geraumer Zeit auf vielen Märkten abläuft, grenzt meiner Meinung nach an mittleren Schwachsinn. Auf der einen Seite verstärkt sich die Forderung nach Individual-Marketing, auf der anderen Seite ist eine immer höhere Preissensibilität feststellbar. „Immer mehr für immer weniger“ heisst die Devise. Der Kunde will quasi seinen Massanzug zum billigsten Preis!

Verbirgt sich hinter diesem Kundenverhalten womöglich eine Revanche auf die nicht seltene Taktik des „Immer weniger für immer mehr“? Dass Sie zu diesen Unternehmer-Hasardeuren gehören, die auf diese Weise Russisches Roulette praktizieren, kann ich mir nicht vorstellen.

Oder trüben marktschreierische Slogans wie „Geiz ist geil“ – „Ehrgeiz ist geil“ würde ich noch gelten lassen – unser sonst so vernünftiges Augenmass wirklich dermassen? Glauben Ihre Kunden wirklich an die Existenz einer massvollen Qualität (das Produkt tut während der bestimmten Zeit das, was es tun soll) zu immer tieferen Preisen?

Tatsache ist, dass unter diesen Bedingungen ein differenziertes, auf relevante Kundenbedürfnisse ausgerichtetes Marketing unabdingbar ist, um Preisbereitschaften auf höherem Niveau erzielen zu können.

Gleiches gilt auch für die immer umfangreicheren Serviceleistungen, die jeder erwartet, doch keiner bereit ist, dafür zu bezahlen. Serviceleistungen anbieten heisst Zahlungsbereitschaften abgreifen! Damit das funktioniert, müssen Sie erstens wissen, wofür man überhaupt zahlungsbereit ist. Und zweitens darauf hoffen, dass es möglichst lange dauert, bis einer aus der Branche glaubt, diese Leistung auch noch verschenken zu müssen!

Der Schlüssel für jedes erfolgreiche Unternehmen besteht darin, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Kunden den wahrgenommenen Wert des Angebotes höher einschätzen als dessen Preis. Das und nichts anderes ist die wahre Aufgabe des Marketings!

Die Positionierung des Leistungsversprechens ist als taktisches Mittel von entscheidender Bedeutung und, falls korrekt implementiert, unterstützt es die Verkaufscrew dabei, mehr zu verkaufen und das zu höheren Preisen.

Als professionelle Marketers und Verkaufstaktiker wissen Sie nur zu gut, dass der Faktor Zeit der Quotenkiller Nummer 1 ist. Doch welche taktischen Verkaufsvorgehen schaffen es in relativ kurzer Zeit, das Unternehmen vom einem preisgetriebenen zu einem wertgetriebenen Programm zu bringen, um damit höhere Erträge zu erwirtschaften?

Die folgenden Ideen sind geeignet, diesen anspruchsvollen Weg wirksam zu unterstützen:

1) Wenn Sie sich auf den Wert ihrer Produkte oder Dienstleistungen für den Kunden konzentrieren, so vermeiden Sie es, den Begriff „Preisvorteil“ zu gebrauchen. Benutzen Sie stattdessen den Begriff „Wertvorteil“. Damit differenzieren Sie sich schon von Ihren Wettbewerbern.

2) Verändern Sie alle Ihre Marketing-Statements in Richtung dieser neuen Positionierung. Wenn Sie in Ihrem Marketing-Programm auch nur ansatzweise von Preisvorteilen sprechen, laden Sie potenzielle Kunden geradezu ein, immer wieder zu testen, ob Sie zu Ihren Versprechen stehen. Und das ungeachtet, wie tief Ihre Preise schon sind!

3) Wenn Sie einen neuen Kunden akquirieren, dann kommunizieren Sie Ihre Einzigartigkeit auf der Basis kundenrelevanter Aspekte, jedoch nicht dem Preis! Kunden kaufen bekanntlich kein Produkt oder eine Dienstleistung, sondern sie kaufen z.B. die Minimierung ihrer Risiken. Welche Kundenprobleme lösen sie spürbar besser als ihre Mitbewerber?

4) Falls ihr Unternehmen horizontal in mehrere Märkte verkauft, so positionieren Sie sich damit als Commodity-Anbieter. Vielleicht sind Sie der Auffassung, dass Horizontales Marketing grössere Marktpenetrationschancen bietet, doch damit sagen Sie eigentlich nur:„Herr Kunde, wir sind Generalisten und ausser dem Preis haben wir nichts Spezielles anzubieten.“Als Spezialist hingegen können Sie durch komparative Wertvorteile höheren Preis erzielen. Das gilt übrigens auch bei den Ärzten – Spezialisten sind besser entlohnt als Allgemeinmediziner.

5) Sie sollten es sich gut überlegen, Verkäufern die Erlaubnis zu geben, in Entscheidungssituationen Preise spontan und selbständig zu verhandeln. Es ist nur natürlich, dass der Kunde Preisnachlässe verlangt. Diese sind jedoch vom Management von Fall zu Fall zu entscheiden und sollten nicht Gegenstand einer Standardpolitik mit festgesetzten Prozentnachlässen sein.

6) Entlohnen Sie ihre Verkäufer auf der Basis der erzielten Bruttomarge. Verkäufer sollten am Gewinn oder Verlust an Wirtschaftlichkeit beteiligt sein. Verkaufen ist ein verdammt harter und einsamer Job – die Verkäufer sind so etwas wie „das letzte Glied in der Nahrungskette des Marktes“. Nehmen Sie sie in die Pflicht – und bezahlen Sie sie gut.

7) Legen Sie die Preise für Produkte und Dienstleistungen nie auf der Basis ihrer Wettbewerber fest. Selbstverständlich ist es wichtig zu wissen, was die anderen verlangen. Trotzdem, legen Sie Ihre Preise unabhängig von denen fest. Es ist in der Tat unfair, wenn Ihre Leute auf der Basis eines anderen Geschäftsmodell verkaufen sollen. Damit unterstreichen Sie nur, dass Sie sind wie die anderen und nichts Besonderes anzubieten haben. Falls Sie mehr verlangen, sagen Sie es dem Kunden gleich – und auch warum.

8) Geben Sie einem Bestandskunden nie einen grossen Preisnachlass. Falls Sie dies tun müssen, so haben Sie vermutlich beim letzten Auftrag keinen komparativen Wertvorteil geboten. Es ist unattraktiv, bei Geschäften Preise zu senken, die man eigentlich bereits gewonnen hat. Schützen Sie sich vor dem Beginn einer Endlosschlaufe von Preisnachlässen – sonst landen Sie alsbald bei Commoditiy-Anbieter. Wenn Sie Qualitätsarbeit abgeliefert haben, dann bleiben Sie auch bei Folgeaufträgen preisfest.

9) Sobald der Kunde eine Budgetgrösse nennt, beginnen viele Anbieter damit, ihre Preispolitik anzupassen – das Feilschen hat begonnen. Klar wollen wir wissen, ob der Kunde ein Budget hat und ob wir in diesem Bereich etwas anzubieten haben. Das Schlüsselwort jedoch heisstBereich! Beginnen Sie nicht damit, Ihre Produktmerkmale zu schmälern, um das Budget einzuhalten. Falls Sie das tun, haben Sie bereits verloren!

Denken Sie in Preisbereichen. Verkaufen Sie immer aufwärts, nie abwärts! Wenn Sie Ihre Wertpositionierung korrekt einsetzen, ist der Kunde meist bereit, etwas mehr auszugeben.