Weshalb das Unplanbare planen?

Je mehr ich plane, desto härter trifft mich die Wirklichkeit. Deshalb lasse ich es gleich bleiben, dann merke ich wenigstens nicht, wenn mich das Schicksal trifft.– Anonymus

Planen heisst, die Zukunft zu denken. Damit Planung nicht zum Selbstzweck wird und einen Sinn erfährt, muss sie zu Handlungen führen. Das bedeutet, wir müssen uns entscheiden. Entscheiden wiederum heisst, bewusst zu wählen. Für etwas oder gegen etwas. Beides geht nicht.

Als Verkäufer geniessen wir viele Freiheiten. Verkäuferische Freiheit meint, du kannst, aber auch, du musst dich immer wieder entscheiden. Welche Kunden besuchen wir heute in welcher Reihenfolge? Wie bereiten wir uns vor? Welche Fragen gilt es zu klären? Immer wieder treffen wir Entscheidungen und übernehmen Verantwortung. Offensichtlich empfinden manche Kollegen diese Freiheit eher als Last. Sie haben zwar die Freiheit, sich zu entscheiden, können es aber nicht. Planen? Geht bei uns nicht, es kommt doch sowieso anders als man denkt!

Im Berufsleben arbeiten wir eigentlich immer nach einem Plan, obwohl wir uns dessen häufig nicht bewusst sind. Entweder arbeiten wir nach unserem Plan, oder nach dem von jemand anderem. Sie dürfen dreimal raten, wie viel dem anderen an unserer kurz- und mittelfristigen Zukunft liegt. Nicht viel!

Planabweichungen gehören zum täglichen Leben, so auch in der Fliegerei. Ein Flugzeug, welches von Zürich nach Chicago fliegt, ist während 99% der Zeit nicht exakt auf Kurs. Die Elektronik sorgt dafür, dass die Abweichungen laufend korrigiert werden, sodass die Maschine ihr Ziel trotzdem pünktlich erreicht. Glücklicherweise nimmt der Computer diese Kurskorrekturen nicht persönlich, sonst würde wohl kein Mensch mehr ein Flugzeug besteigen!

Wie häufig werden wir von einer Aktivität weg und in eine andere, unplanmässige Tätigkeit gezogen? Haben wir unsere Fühler ausgestreckt, die uns anzeigen, wann unsere Routine in Gefahr ist? Wir haben unseren Tag geplant und sind auf Kurs. Plötzlich geschieht etwas Unvorhergesehenes. Ein persönlicher Notfall, ein Kunde der unsere unmittelbare Hilfe braucht, ein Problem im Unternehmen das unsere unmittelbare Intervention nötig macht, ein Computervirus, ein Mega-Stau auf der Autobahn, ein kranker Arbeitskollege für den wir einspringen müssen, etc. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Der Rat, die eigene Arbeit zu planen, klingt vollkommen plausibel. Bedauerlicherweise ist er nur selten von Nutzen. Die Pläne bleiben gute Absichten und zeitigen nur selten Ergebnisse. Es gibt im Grunde genommen drei Gründe, weshalb wir uns so schwer tun mit dem Planen:

1. Wir überschätzen die zur Verfügung stehende Zeit und planen zu viele Aktivitäten in unseren Tag ein.

2. Wir arbeiten nicht an jenen Dingen, die uns zu unseren Zielen führen.

3. Wir planen Unplanbares nicht.

Auch beim Umgang mit dem Unplanbaren gilt: Fangen wir zuerst bei uns selbst an. Weshalb die langen Diskussionen über Sportthemen mit Arbeitskollegen, spontane Telefonate, Arbeiten beginnen und wieder weglegen, Internetsurfing, Zeitung lesen, unwichtige E-Mails sofort beantworten und anderes mehr? Diese Dinge tun wir meist reflexartig und wundern uns dann, weshalb wir das geplante Tagespensum wieder nicht schafften.

Das Unplanbare sind Störungen, auf die wir uns nicht einstellen. Kann man das überhaupt? Ich meine ja! Vor geraumer Zeit sprach ich mit jemandem, der diese Idee in seinem Gebäudeschutz-Unternehmen als nicht durchführbar beurteilte. Wenn ein Kunde bei uns anruft, dann handelt es sich praktisch immer um einen Notfall in Form eines Feuer- oder Wasserschadens. Sie gehen mit mir einig, dass solche Ereignisse nicht planbar sind, meinte er.

Auf meine Frage, wie man mit solchen Anrufen denn umgehe, sagte er, dass bisweilen schon beträchtliche Hektik ausbreche. Und je nach verantwortlicher Person nähme die Problembehebung mehr oder weniger personelle und zeitliche Ressourcen in Anspruch. Es gab keinerlei Routinen, wie bestimmte Schadensvorkommnisse zu behandeln waren. Wie ich später vernahm, stellten sie sich mit der Zeit besser darauf ein. Dank diesen Routinen sind sie nun in der Lage, ihre Dienstleistungen zu optimieren.

Wie können wir von diesen Erkenntnissen profitieren? Wir bestimmen die ungefähre wöchentliche Zeit für die Aktivitäten oder Aufgaben, die wir bei unserer Zeitanalyse unter der Kategorie Unplanbares zusammenfassten. Da wir nicht jeden Tag gleich viel Zeit dafür aufwenden, arbeiten wir mit Durchschnittswerten. Wenn dies pro Tag z.B. 1 Stunde ausmacht, so haben wir statt der 8 nur noch 7 Stunden pro Tag für unsere Routine zur Verfügung.

Ob sich die Realität dann auch wirklich an die Planung hält und uns jeden Tag regelmässig eine Stunde des Unplanbaren zuspielt, ist unerheblich. Die Schwankungen gleichen sich im Laufe einer Woche meist aus. Wenn wir zufällig eine Woche ohne Unplanbares erleben und es den Anschein macht, dass wir zusätzliche Zeit gewonnen haben, dann beglückwünschen wir uns für unser wirksames Planen und denken daran, dass wir lediglich einen Vorsprung erarbeitet haben.

Beschäftigen wir uns weiterhin nur mit jenen Aktivitäten, die wir in unserer Routine festgelegt haben. Es ist definitiv noch zu früh, deswegen neue Aufgaben zu übernehmen. Die Planung des Unplanbaren steigert unsere Produktivität und sorgt dafür, dass wir die Aufgaben erledigen, die wir uns für diesen Tag vorgenommen haben.