Verkaufen in Zeiten der Digitalisierung

Die Digitalisierung hat das Verkaufen für Konsum- und Gebrauchsgüter nachhaltig verändert. Durch das Internet und die mobile Technik kann sich der Kunde 4.0 (ich hasse den Begriff) immer und zu jeder Zeit Informationen beschaffen. Das Resultat? Eine bis dato nie dagewesene Transparenz. Gleichzeitig kann er rund um die Uhr online shoppen, Produkte und Preise vergleichen oder Einschätzungen zufriedener Kunden lesen.

Wird der klassische Verkäufer/Berater von komplexen Produkten und professionellen Dienstleistungen immer noch benötigt, um den Kunden vertrauensvoll mit ehrlicher und direkter Ansprache durch die Informationsflut zu lotsen? Oder wird in einem Jahrzehnt ein Roboter diese Funktion übernehmen? Erst noch schneller, besser und günstiger?

Künstliche Intelligenzen und ihre Algorithmen üben nicht erst seit heute einen enormen Einfluss auf unser Leben aus. Das wird sich in Zukunft noch akzentuieren, selbstfahrende Autos sind Realität. Der Tag wird nicht mehr allzu fern sein, wo wir das Auto alleine in den Supermarkt losschicken, um den Einkauf zu tätigen. Bei aller Euphorie, künstliche Intelligenzen haben ihre Grenzen.

Diese Grenzen ergeben sich vorallem bei den folgenden Themen:

Inspiration: Menschen inspirieren und werden inspiriert. Sie motivieren uns durch ihre Leidenschaft und Hingabe für ihr Tun. Das tut z.B. der plastische Chirurg aus Bern, der jedes Jahr auf eigene Kosten und ohne Bezahlung für einen Monat nach Afrika reist und Kinder von ihrer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte erlöst, um ihnen ein würdigeres Leben zu ermöglichen.

Weisheit: Künstliche Intelligenz kann einen Schachweltmeister bezwingen, aber sie kann uns weder sagen, wie wir ein glückliches Leben führen sollen noch dabei helfen, den Sinn des Lebens zu entdecken. Informationen und Erkenntnisse sind zwei verschiedene Welten. Weisheit beinhaltet wesentlich mehr als blosse Information.

Einfallsreichtum: Diese Eigenart ist dem Menschen vorbehalten. Künstliche Intelligenz ersetzt die menschliche Neugier, Vorstellungskraft und Improvisationsgabe nicht. Das sind alles Fähigkeiten, die den Menschen seit Jahrtausenden das Überleben sicherten.

Zuwendung: Wenn Automatisierung die menschliche Interaktion ersetzen soll, geht das mit der Elimination von Zuwendung einher. Da wird etwas ausgegliedert, was nicht ausgegliedert gehört. Sie glauben mir nicht? Dann rate ich Ihnen, die Bewohner in den japanischen Altersheimen zu befragen, die von Robotern gepflegt werden. Die einzigen, die darüber positiv berichten, sind natürlich die Roboter-Hersteller. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis Roboter Bewusstsein erlangen? Ich weiss es nicht.

Beziehungen:Die Möglichkeit, dass Menschen den Gemeinschaften, die ihnen das Leben, Überleben und den Erfolg sichern, den Rücken kehren und stattdessen zu Einzelgängern mutieren, die alleine leben und Kontakte mit anderen Menschen meiden, ist aus meiner Sicht sehr klein. Weder mit der Computerstimme von Siri noch jener im Navi haben wir eine Beziehung. Die Damen haben keine Ahnung, wer wir sind und das ist gut so.

Straft mich die Zukunft Lügen? Ich weiss es nicht. Bewusst ist mir hingegen die Tatsache, dass Routinetätigkeiten auch im Verkauf eher früher als später der Digitalisierung zum Opfer fallen werden. Das Prinzip Hoffnung, das zum Nichtstun verleitet, ist mit Sicherheit die falsche Strategie. Verkäufer sind mehr denn je aufgerufen, ihre spezifisch menschlichen Fähigkeiten zum Wohle ihrer Kunden weiterzuentwickeln, um damit auch in Zukunft ihre Existenzberechti-gung zu sichern.