Beratung ohne Wertschöpfung ist nutzlos!

Ein Dauerthema in Presse und Öffentlichkeit sind die Klagen von Bankkunden und Versicherungsnehmern über fehlende, unzureichende oder manipulierende Empfehlungen der Anbieter, die als Beratung bezeichnet werden.

Wie aber steht es um die Beratung im B2B-Geschäft, also der Beratung von Geschäftskunden in der Industrie, im Grosshandel und den unternehmensnahen Dienstleistern?

Das Thema Beratung scheint weitgehend tabu zu sein, selbst die Fachpresse greift es nicht wirklich auf. Als Randthematik wird es dem Primärthema Verkaufstechnik zugeordnet. Die Unternehmen selbst, so ist zu beobachten, betrachten die Kundenberatung als mehr oder weniger selbstverständliche Komponente der Verkaufs- und Kontaktgespräche ihrer Verkäufer. Diese wiederum definieren und leisten Beratung nach eigenem Gusto, anders haben sie es nicht gelernt. Die meisten Verkaufstrainings ignorieren das eigenständige Wirkungsfeld Kundenberatung und lassen damit dessen Vermengung mit verkäuferischen Empfehlungen an den Kunden zu.

Aber: Eine noch so wirkungsvoll herausgearbeitete, persönliche Empfehlung ist noch keine Beratung, zumal die von Verkäufern ausgesprochenen Ratschläge stets unter dem Generalverdacht stehen, subjektiv der Verkaufsabsicht zu dienen.

Was ist Beratung?

Beratung ist Rat und Hilfe für eine bevorstehende Entscheidung. Dabei werden Erfahrungen, Erkenntnisse und Wertvorstellungen ausgetauscht und gegebenenfalls revidiert. Echte Beratung geschieht immer in einem Dialog und stets ist der Verkäufer Träger produktiven Wissens. Er ist Vermittler entscheidungsrelevanter Informationen, die er für den Kunden aufbereitet und zur Beurteilung stellt.

Das klingt auf den ersten Blick kompliziert, wird aber innerhalb der Verkaufsaufgabe praktisch realisierbar, wenn die verkäuferische Beratung als Prozess verstanden, inhaltlich strukturiert, sprachlich angereichert und in angemessener Form eingeübt wird.

Als Kundenberater ist der Verkäufer Prozessverantwortlicher. Ist diese Verantwortung akzeptiert und ist die Vorbereitungsarbeit einmal gelistet, lassen sich die typischen Fehler bisheriger verkäuferischer Beratungsbemühungen vermeiden:

  1. Stereotype Empfehlungsmonologe
  2. Zu wenige Fragen
  3. Keine oder unpräzise Ansprache der Kundenwertschöpfung
  4. Pauschale Behauptungen
  5. Fehlende Kontrolle der Beratungswirkung

Der Prozess glaubwürdiger, akquisitorischer Kundenberatung wird gebildet durch die inhaltliche Struktur und eine durchdachte Sprache als weiteres Wirkungselement. Das angestrebte Ziel lässt sich präzise definieren und im Dialog ansteuern:

  1. Verringerung oder Erweiterung der dem Kunden bekannten Entscheidungsoptionen
  2. Eingehen der Beratungsinformationen in das Langzeitgedächtnis des Kunden.

Echte Kundenberatung ist Wertschöpfungsberatung

Der zum authentischen Kundenberater entwickelte Verkäufer hat gelernt, die Wertschöpfung seines Kunden im Detail vorzuvollziehen und den Wertschöpfungsbeitrag seines Angebots in kundenindividueller Ausprägung zu dimensionieren.

Wertschöpfung ist mehr als Nutzen oder Problemlösung; sie erfasst Kundenprozesse, Kundenprojekte und vor allem die Bedürfnisse der Kunden des Kunden, ohne deren Erfüllung keine Wertschöpfung bei ihm entstehen kann.

Die Ermittlung und Identifizierung der Wertschöpfungsbeiträge der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen ist der erste Entwicklungsschritt einer Verkaufsorganisation in die glaubwürdige Kundenberatung. Er stellt pures Wissensmanagement dar: Entwicklung, Produktion, Marketing und Kundendienst des eigenen Unternehmens wirken an dieser Aufgabe gezielt mit. Gemeinsam holen sie die Kundenwelt ins Haus, um dem Verkauf gesichertes Wissen verfügbar zu machen.

Der zweite Schritt – das Einüben von Beratungsdialogen auf dieser Grundlage – unterscheidet sich bei uns von herkömmlichen Verkaufstrainings. Im Mittelpunkt steht dabei der intensive Erkenntnis- und Erfahrungsaustausch der Teilnehmer bei den einzelnen Prozessschritten der Beratung nach dem Motto: „Alles Erfahrungswissen muss auf den Tisch!“

Dieser eminent praxisbezogene Wissenstausch der Verkäufer ist ein zuerst noch ungewohntes, dann aber stark stimulierendes Element der Beraterentwicklung und wird periodisch wiederholt, um Beratungsergebnisse zu analysieren, zu vergleichen, übertragbar zu machen und neue Erkenntnisse für alle zu generieren. Dabei wird eines deutlich: Der Beratungsansatz macht das Verkaufsgespräch kreativer und ermöglicht auch erfahrenen Verkäufern neues Lernen über erlebte neue Erfahrungen. Das bekannte Routineverhalten bei Kunden wird deutlich erschwert.

Über den Erfolg im Beratungsprozess geben die verbalen Kundenrückmeldungen Auskunft. Der beratende Verkäufer hat gelernt, sie zu registrieren und mit ihrer Hilfe die erzielte Wirkung zu kontrollieren. Falls weitere Besuche und Gespräche beim Kunden erforderlich werden – was im B2B-Umfeld oft der Fall ist – kann er wichtige Rückmeldungen in der CRM-Software erfassen und für die gezielte Gesprächsvorbereitung nutzen.

Ein Fazit: Strukturierte und sprachlich wirksam gestaltete Kundenberatung entspricht den heutigen Wettbewerbserfordernissen im B2B-Geschäft. Sie ist situativ steuerbar und in ihrer Wirkung sofort zu kontrollieren. Sie macht Kunden und deren individuelle Entscheidungslandschaft transparenter als je zuvor. Die Vorarbeiten dafür schaffen die Grundlage für neue Formen der Zusammenarbeit verschiedener Unternehmensfunktionen im Dienst der Kundenwertschöpfung – dem unzweifelhaft stärksten Argument, das es zugunsten eines Anbieters gibt.