Zwei Lektionen, die tiefe Spuren hinterliessen

Die lange Strasse, die an ihrem Ende zum Verkaufserfolg führt, ist gesäumt von enttäuschten Hoffnungen, peinlichen Augenblicken und ärgerlichen Misserfolgen. Der markanteste Unterschied zwischen einem guten und einem mittelmässigen Verkäufer liegt meines Erachtens darin, dass es ersterem gelingt, aus diesen Misserfolgen zu lernen. Schmerzhaft sind diese Fauxpas für alle beide, doch gute Verkäufer finden heraus, wie sie künftig ähnliche Erfahrungen vermeiden können. Sie hinterlassen auch bei ihnen Spuren, doch sie schöpfen daraus neue Motivation und Energie.

Ich kenne dies aus eigener Erfahrung, denn ich habe in meiner bald vierzigjährigen Verkaufskarriere viele Fehler begangen. Über all die Jahre habe ich mein Fett reichlich abbekommen, besonders als ich in den USA verkaufte. Wenn ich Sie daran teilhaben lasse, dann hat das weder mit Eitelkeit noch mit Selbstmitleid zu tun, im Gegenteil!

Lektion 1: Wie man nicht zu einer höheren Entscheidungsebene kommt

Ein vielversprechender Kunde war die Firma Speedwell in Rochester (New York). Ich verkaufte zu der Zeit Schleifmaschinen, mit denen man hochpreisige Hartmetall-Bohrer, die bei der Fabrikation von Leiterplatten verwendet wurden, nachschleifen konnte. Mit Larry, dem Meister der Abteilung, vereinbarte ich den ersten Termin. Nach dem ich seine Bedürfnisse geklärt hatte, lud ich ihn zu einem Besuch in unseren Show-Raum ein. Larry war hell begeistert von den Möglichkeiten, die die Maschine bot und versprach, sie bei der bevorstehenden Budgetrunde zu berücksichtigen. Auf meine Frage, wie denn der Entscheidungsprozess ablaufe, meinte er, dass er nicht alleine entscheiden könne, doch seine Stimme übe massgeblichen Einfluss aus. Ein Kontakt mit dem Produktionsleiter sei nicht nötig, zudem wolle dieser auf keinen Fall gestört (!) werden.

Da ich regelmässigen Kontakt zu Larry hatte, konnte ich den Entscheidungsprozess gut mitverfolgen. Das Projekt bewegte sich trotz mehrfachen Zusagen und Beteuerungen keinen Millimeter weiter. Zu der Zeit las ich ein Buch, in dem der Autor vorschlug, eher früher als später mit der obersten Entscheidungsebene Kontakt aufzunehmen.

Gelesen und getan! Ich rief den Produktionsleiter an und vereinbarte – ohne den geringsten Widerstand notabene – einen Termin mit ihm. Als ich in der Lobby sass und darauf wartete, abgeholt zu werden, kam mir Larry entgegen. „Verdammt, was tust Du hier?“ fragte er mich und schaute mich feindselig an. Plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, ob die Taktik, die ich angewandt hatte, angemessen war. Ich sollte Recht behalten. Er schrie mich richtig gehend nieder, und das vor Publikum. Peinlich. Am liebsten hätte ich mich auf der Stelle in ein Loch verkrochen, doch in diesen bangen Momenten kann man sich selbst auf das Loch im Boden nicht verlassen.

Sie können sich lebhaft vorstellen, dass ich das Geschäft weder mit Larry noch mit seinem Vorgesetzten machte. Aber ich lernte eine wichtige Lektion: Umgehe niemals jemanden, mit dem man zusammenarbeitet, ohne sein Wissen. Seine Reaktion war nur zu verständlich, obwohl sie so heftig ausfiel.

Heutzutage versuche ich von Beginn weg mit sämtlichen Entscheidern in Kontakt zu treten. Dabei handelt es sich um eine klassische Verkaufsaufgabe: Was hat der Mitarbeiter davon, wenn ich mit seinem Chef spreche? Wenn der Kontakt mit dem Entscheider auch beim dritten Besuch nicht gelingt, so ziehe ich mich zurück und setzte meine Zeit und Energie bei erfolgversprechenderen Geschäftschancen ein. Mein Learning aus der Geschichte? Ich vermeide es ein Nein zu bekommen von jemandem, der nicht Ja sagen kann!

Lektion 2: Wie man auch dabei noch gewinnen kann

Die Firma Stoner, Inc. war in Dayton (Ohio) zu Hause. Ich hatte einen Termin beim Inhaber Jeffrey Stoner. Er war ein älterer, mürrisch dreinblickender Herr. Sein stechender Blick durchbohrten einen förmlich.

„Setzen Sie sich!“ sagte er barsch, „Sie haben 10 Minuten Zeit“.

„Wenn Sie zu beschäftigt sind, komme ich gerne an einem anderen Tag wieder“, entgegnete ich in verständnisvollem Ton.

„Nein!“, entgegnete er unwirsch. „10 Minuten und keine Sekunde mehr. Sagen Sie mir, warum ich Ihr Produkt kaufen soll. Ihre Zeit läuft bereits.“

Ich murmelte etwas vor mich hin, stolperte und holperte von Wort zu Wort. Ich versuchte ihn in einen Dialog zu verwickeln. Erfolglos. Ich erklärte ihm, dass ich mehr Zeit bräuchte, um seine aktuelle Situation zu klären und erst dann das Produkt situationsgerecht präsentieren könne. Daran war er nicht interessiert. Nach 10 Minuten stand er auf: „Ihre Zeit ist um. Gehen Sie.“

Diese Aufforderung  verärgerte mich so sehr, dass ich ihm sagte, sein Verhalten sei unhöflich. Ich verlor die Beherrschung! Doch im Grunde hatte er recht: Ich hatte auf die Frage, weshalb er mir zuhören sollte, keine plausible Antwort bereit. Er war ein vielbeschäftigter Mann, der seine Zeit zu nutzen verstand und ich respektierte dieses Bedürfnis nicht.

Solche und ähnliche Lektionen können ganz schön unter die Haut gehen. Wenn Sie Verkaufstermine wahrnehmen, dann wissen Sie, von was ich spreche. Jedes Mal, wenn Sie niedergeschlagen werden, müssen Sie wählen, wie sie darauf reagieren. Bleiben Sie liegen oder stehen Sie in der nächsten Minute wieder auf? Was lernen Sie aus der Lektion? Was tun Sie künftig mit diesen Erkenntnissen?

Es ist manchmal verdammt schwer, für das eigene Tun und Lassen konsequent die Verantwortung zu übernehmen. Doch genau hier liegt die Chance für Ihr Wachstum und damit der Schlüssel zu nachhaltigen Verkaufserfolgen!