Kann man verkaufen lernen?

Mir scheint, die Frage ist so alt wie die Menschheit: Kann jeder Mensch das Verkaufen lernen oder ist diese Fähigkeit gottgegeben und damit nur Auserwählten zugänglich? Um diese Frage geht es in dieser Ausgabe.

Verkaufen ist eine Tätigkeit, die eine Menge Handwerkliches beinhaltet: Wie tritt man mit anderen Menschen in Kontakt? Wie erfährt man, wo den Kunden der Schuh drückt? Wie erfährt man, welche Produkteigenschaften für eben diesen Kunden wirklich kaufent-scheidend sind? Wie geht man mit Fragen, Widerständen, Reklamationen und sogar offener Ablehnung um? Wie motiviert man sich dauerhaft? In welcher Reihenfolge bietet man seine Produkte an? Welche Wortwahl bewirkt welche Reaktion seitens des Kunden? Was kann man tun, um auf Kunden anziehend zu wirken und sie an sich zu binden? Es gibt eine vielzahl solcher Fragen, die in der Summe zu Erfolg oder Misserfolg im Verkauf führen! Und je mehr gute Antworten man kennt und anwendet, desto besser. Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Natürlich kann man verkaufen lernen!»

Ich habe das Verkaufen auch erst mal auf diese mehr «handwerkliche» Art und Weise lernen müssen. Je mehr «Werkzeuge» ich lernte, desto leichter fiel mir die Aufgabe – so wie man besser wird, wenn man konsequent eine Fremdsprache oder Skifahren übt. Sehr viel davon ist schlicht Trainingssache! Und begleitend zum Training kommt im Idealfall das Sammeln von Wissen: Welche Techniken gibt es, die im Verkauf erfolgreich machen? Zum Glück müssen wir das Rad auch hierbei nicht neu erfinden: Kaum eine Fähigkeit ist im Kern über die Jahrhunderte so unverändert geblieben wie die des Verkaufens. Dass sich dennoch manche dagegen sträuben, sich kontinuierlich fortzubilden, immer wieder neue Nuancen zu lernen, Bekanntes zu festigen und sich dann und wann an Altbewährtes zu erinnern, ist in meinen Augen unklug. Und dass einige sogar komplett abstreiten, dass man Verkaufen lernen kann, ist mir unbegreiflich.

Gibt es so etwas wie ein Verkäufer-Gen?

Jein! Es gibt zweifellos Menschen, denen die Herzen schneller zufliegen, die besser mit dem Gesprächspartner umgehen und treffsicherer zum Abschluss kommen. Aber: Auch diese «Wunderkinder» tun im Kern nichts anderes, als eine ganze Menge guter Verhaltensweisen abzurufen, die ihnen unter dem Strich Erfolge bringen. Und diese Verhaltensweisen sind nicht angeboren, sondern erlernt! Das, was wir unter Talent verstehen, ist oft nichts anderes als die Summe sämtlicher Trainingserfahrungen auf einem Gebiet – und trainieren können wir unser ganzes Leben lang.

Ich bin überzeugt: Ein spezifisches Verkäufer-Gen gibt es nicht. Vielleicht ist der eine besonders eloquent, der andere besonders mutig und der dritte kennt besonders viele Produkt-Details. Für sich alleine aber führen weder Eloquenz noch Mut noch Wissen oder etliche andere Talente automatisch zum Verkaufserfolg. Sie müssen gezielt in den Dienst einer Sache gestellt werden, die bestimmten Prinzipien folgt, die der Verkäufer verstehen und verinnerlichen muss. Die Talente müssen wie Rohdiamanten geschliffen werden, wenn sie nicht stumpf bleiben sollen. Sonst könnte ja jeder TV-Moderator, Hockeyspieler oder Hirnforscher von einem Tag auf den anderen zum Top-Verkäufer werden. Und wissen Sie was? Jeder TV-Moderator, Hockeyspieler oder Hirnforscher kann ein Top-Verkäufer werden! Nur eben nicht von einem Tag auf den anderen – dazwischen liegt das richtige Training. Und das Sammeln von praxisrelevantem Wissen.

Was soll eine verkäuferische Weiterbildung schon bringen? Davon setzt man sowieso nichts um!

Hinter solchen und ähnlichen Aussagen stecken meist tiefe Abgründe der inneren Schweinehunde-Logik: Menschen können sich nicht wirklich verändern, sie stecken passiv in den starren Systemen ihrer Firma und ihres Marktes fest, solche Fortbildungen seien das Geld nicht wert, die Umsetzung sei nie und nimmer dauerhaft möglich – und so weiter. Schwachsinn! Mit der gleichen Logik könnten Sie morgens im Bett liegen bleiben, weil Sie ohnehin schon wissen, dass irgend etwas im Laufe des Tages nicht so klappen wird, wie sie es wünschen.

Dabei geht es im Kern doch um eine ganz andere Frage: «Was wollen Sie von den Impulsen einer solchen Veranstaltung dauerhaft umsetzen?» Und das hat jeder und jede selbst in der Hand, oder? Natürlich können wir Menschen uns verändern – das machen wir schliesslich jeden Tag unseres Lebens. Natürlich müssen wir die Gegebenheiten unserer Märkte und Firmen berücksichtigen – nur, wie wir auf sie reagieren, liegt in unserer Macht!.Natürlich kosten Fortbildungen Geld – doch nehmen Sie auch nur eine einzige gute Idee mit und setzen diese konsequent um, kriegen Sie Ihre Investition zig-, hundert-, tausendfach zurück! Oft genügt eine gute Mischung nützlicher Impulse, um uns zum Reflektieren anzuregen, gute Ideen aufzuschnappen oder Aha-Erlebnisse zu bewirken.

Die Natur macht es uns vor: Nichts ist stabil und ewig. Wer als Verkäufer denkt, er wisse alles, hat schon verloren. Sich ständig in Frage zu stellen, ist ein zwingendes Gebot. Der Zweifel sollte in dieser Hinsicht ein ständiger Begleiter sein. Auch das Zuhören ist ein guter Lehrmeister. Dafür muss ich mich für den anderen Menschen interessieren und mich in sie hineinfühlen wollen. Die Neugierde ist bereist in der Kindheit der wichtigste Motor des Lernens. Wer keine Fragen stellt und nicht achtsam zuhört, lernt nichts.