Billiges wird erst nach dem Kauf teuer

Viele Menschen sind überzeugt, dass der Preis eines Produktes entscheidet, ob ein Produkt als teuer oder billig gilt. Sie haben gelernt, den Preis eines Angebotes mit ähnlichen Angeboten eines anderen Unternehmens zu vergleichen. Um das Thema Preis und Kosten geht es in dieser Ausgabe.

Es steht ausser Zweifel, dass der Preis ein entscheidender Faktor sein kann, doch generell hat er wenig damit zu tun, ob etwas teuer ist. Dass viele Menschen das nicht verstehen, dafür tragen jene Unternehmen die Verantwortung, die ihnen eingetrichtert haben, dass sie ein «besser, schneller und billiger» erwarten dürfen! Der Preis und die Kosten sind unterschiedliche Faktoren, die getrennt voneinander zu betrachten sind.

Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. In den frühen 70-iger Jahren kaufte ich mit meinem ersten Lohn für CHF 475.- ein paar Skischuhe der Marke Lange. Meine Freunde belächelten mich, kauften sie doch für CHF 140.- die damals populären Skischuhe aus Kunststoff-Hartschalen, besser bekannt unter dem Namen «Schraubstöcke». Der massive Preisunterschied ist offensichtlich, doch hat man mit den vorliegenden Angaben nicht genügend Informationen, um zu entscheiden, welches der beiden Paare teurer ist. Um dies festzustellen, sind weitere Informationen nötig.

Die Skischuhe mit den Kunststoff-Hartschalen waren nicht nur wesentlich unbequemer zu tragen, sondern man fror darin schon nach kurzer Zeit. Zudem zeigte der Kunststoff nach 3 Wintern intensiven Gebrauchs erste Risse im Bereich der Schnallen. Fazit: Der Schuh musste ersetzt werden. Wenn wir von 5 Monaten Einsatz je Winter ausgehen, kostete dieser Schuh den Träger pro Monat CHF 9.33. Mein Lange-Schuh war von einer wesentlich höheren Qualität, nicht nur in Bezug auf den Tragkomfort. Das Skifahren machte so deutlich mehr Spass, und kalte Füsse hatte ich nie. Ende des 16-ten Winters (!) geriet der Schuh in einer Berghütte zu nahe an den Ofen, sodass ein Innenschuh teilweise schmolz und ich den Schuh ersetzen musste. Man rechne: 16 Winter mal 5 Monate macht 80 Monate, die mich pro Monat CHF 5.93 kosteten. Der Lange-Schuh verursachte geringere Kosten, obwohl der Kaufpreis 3,39-mal höher war. Meine Freunde mussten in den 16 Jahren deutlich mehr als CHF 800.- ausgeben, um ihrem Hobby zu frönen.

Billiger tendiert dazu, mit einem tieferen Preis höhere Kosten zu verursachen. Wenn immer das zutrifft, heisst billiger teurer! Teurer tendiert dazu, mit einem höheren Preis tiefere Kosten zu verursachen. Wie recht hatte doch mein Vater, der mich schon früh lehrte, dass nur reiche Menschen es sich leisten können, billige Dinge zu kaufen!

Dieses Gesetz beweist in vielen Bereichen des beruflichen wie privaten Lebens seine Gültigkeit. Das billige Fastfood kann Sie teuer zu stehen kommen, wenn es ihre Gesundheit schädigt. Der Mitarbeiter, den Sie zu einem tiefen Lohn einstellten, um Geld zu sparen, kann Sie viel mehr Geld kosten als wenn Sie weniger sparsam gewesen wären.

Zum Schluss übergebe ich das Wort dem britischen Schriftsteller und Sozialphilosophen John Ruskin (1819-1900): «Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich ausschliesslich am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Bezahlen Sie dagegen zu wenig, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.»