Jeden Tag ein Prozent besser als am Tag zuvor!

Gegen das Jahresende hin setzen sich viele Menschen gut gemeinte Vorsätze für das neue Jahr. Sie auch? Nach gängiger Meinung erreichen wir das, was wir uns vornehmen – wie zum Beispiel bessere Fitness, beruflichen Erfolg, mehr Entspannung, mehr Zeit mit Freunden und Familie – am besten, wenn wir uns konkrete, erreichbare Ziele setzen. Nach diesem Ansatz ging ich viele Jahre vor. Bei einigen wenigen Zielen hatte ich Erfolg, viele konnte ich jedoch nicht erreichen. Irgendwann erkannte ich, dass die Ziele kaum Einfluss auf meine Ergebnisse hatten, das System, nach dem ich vorging, aber umso mehr.

Erfolg ist das Ergebnis täglicher Gewohnheiten, nicht einmaliger Veränderungen! Wenn Sie sich ein Jahr lang jeden Tag um ein Prozent verbessern, haben Sie sich am Jahresende um das 37-fache verbessert (1,01365 = 37,78). Wenn Sie 2021 bessere Ergebnisse erzielen wollen, sollten Sie sich keine festen Ziele setzen, sondern sich lieber auf Ihre Systeme sprich Abläufe konzentrieren. Dazu eine berührende Geschichte, die kürzlich in der Luzerner Zeitung publiziert wurde.

Der US-Amerikaner Chris Nikic hat als erster Mensch mit Down-Syndrom einen Ironman-Triathlon absolviert. Chris hat Träume, wie sie viele in seinem Alter haben. „Mein eigenes Auto, mein eigenes Haus, und ich will eine wirklich heisse Blondine aus Minnesota als Frau“, sagte er im Herbst dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“. Er kam 1990 mit drei Löchern im Herzen zur Welt. Bis zum dritten Lebensjahr konnte er nicht laufen. Er erkrankte immer wieder, reagierte allergisch auf Medikamente, das Gehör bereitete ihm Schwierigkeiten. Nach mehreren Ohr-Operationen innert kurzer Zeit prophezeiten die Ärzte, dass er nie wieder schwimmen könne. Chris wurde träge und nahm stark zu – ein Umstand, mit dem viele Menschen mit Trisomie 21 während und nach der Pubertät zu kämpfen haben. Mit 15 konnte er noch nicht Fahrrad fahren. Noch heute kann er nicht alleine auf- und absteigen, weil er an Gleichgewichtsstörungen und einer verminderten Reaktionszeit leidet. Er fährt ohne aerodynamischen Lenker, in aufrechter Position und ohne Klickpedale.

2018 entdeckte er seine Leidenschaft für den Triathlon. Er trainierte fortan während fast eines Jahres sechs Tage pro Woche; bis zu drei Trainingseinheiten zwischen einer und zwei Stunden. An den Wochenenden absolvierte er lange Radtrainings von sechs bis acht Stunden. Inzwischen hält er auch Reden, und erzählt von seinem Motto:

Jeden Tag ein Prozent besser zu sein als am Tag zuvor!

Vor einem Jahr begann er mit einer Liegestütze, einer Rumpfbeuge und einer Kniebeuge am Tag. Jetzt macht er jeden Tag je 120 Liegestütze, Rumpfbeugen und Kniebeugen. „Das macht auch einen knackigen Hintern, und darauf stehen die Ladys“, meinte er schmunzelnd.

Anfang November 2020 folgte ein Triathlon über die Olympia-Distanz. Chris kann auf dem Rad nicht gleichzeitig treten und sich verpflegen und muss daher alle 30 Minuten absteigen. Bei einer dieser Pausen trat er in einen Haufen Feuerameisen. Am rechten Knie klafft eine Wunde, die er sich bei einem Sturz zugezogen hat. Chris wollte aufgeben. Er tat es nicht, weil in dem Moment, in dem sein Körper ihm mit jeder Faser sagte, dass er aufgeben solle, jemand da war, der an ihn glaubte und ihn bestärkte: Vater Nik. Er wusste, dass es für seinen Sohn nicht mehr nur darum ging, einen Ironman zu beenden, sondern darum, sich selbst zu beweisen, dass er in seinem Leben alles erreichen könne. Ein Haus. Unabhängigkeit. Eine Frau, eine Blondine, so schön wie seine Mutter. Also flüsterte er ihm ins Ohr: «Was lässt du gewinnen – die Rückenschmerzen oder deinen Traum?» Er antwortete: «Mein Traum wird gewinnen!»

Und er begann wieder zu laufen. Ein Schritt. Zwei Schritte. Drei Schritte. So, wie er das in seinem Leben immer tat. Dabei kämpft er auch mit dem inneren Schweinehund: «Meine grösste Herausforderung ist, dass ich meine Couch, Videos und Pizza mag.» Es ist bereits dunkel, als Chris in Richtung Ziellinie läuft. Er streckt die Hände in den Nachthimmel von Panama City Beach, Florida, geniesst die vier magischen Worte: „You are an Ironman“. Am Ziel der Träume nach 3,86 Kilometern im Wasser, 180 Kilometern Radfahren und 42,195 Kilometern Laufen – absolviert in 16 Stunden, 46 Minuten und 9 Sekunden. Er fällt erst seinem Trainer, Dan Grieb, in die Arme. Dann seinem Vater Nik. Chris Nikic ist jetzt ein Ironman – der allererste mit Down-Syndrom. 2021 tritt er beim härtesten Triathlon der Welt an: dem Ironman Hawaii. Es wird das nächste Kapitel seiner unglaublichen Geschichte.