Win-Win – What else?

Der wichtigste Schritt beim Aufbau tragfähiger Beziehungen besteht darin, Win-Win-Situationen zu schaffen. Das ist gerade bei Ihren wertvollsten Kunden besonders wichtig.

Über Win-Win wurde schon früher viel geschrieben, viel gesprochen und noch mehr versprochen. Meiner Erfahrung nach ist das meiste davon nur oberflächliches Gerede. Ich bin überzeugt, dass Win-Win keine Methode oder Technik sein sollte, sondern vielmehr eine fundamentale Denkhaltung und Einstellung. Im Geschäftsleben bedeutet das, dass Ihnen der andere Mensch wirklich am Herzen liegt: Er soll aus der Interaktion mit Ihnen genauso viel gewinnen wie Sie selbst – sei es in einer Verkaufssituation oder einer Verhandlung.

Leider haben viele Leute eine andere Einstellung zu geschäftlichen Angelegenheiten: Sie versuchen immer den letzten Cent für sich herauszuschlagen. Diese sogenannte Guerilla-Taktik führt zu Misstrauen, Zynismus, fragwürdiger Moral und einer sehr angespannten Atmosphäre. Das Ergebnis ist keine Win-Win-, sondern eine Win-Lose-Situation. Andererseits bedeutet Win-Win aber auch nicht, dass man anderen Menschen etwas schenken soll. Das wäre Lose-Win: Dabei bekommt der andere ein zu grosses Stück vom Kuchen ab und Sie gehen vielleicht bald pleite.

Es gibt auch noch eine weitere Variante geschäftlicher Beziehungen, nämlich Lose-Lose: Diese Situation tritt ein, wenn die beteiligten Parteien zu starrsinnig oder zu egoistisch sind, um sich auf eine Lösung zu einigen, bei der beide etwas gewinnen.

Lassen Sie uns mit einer anderen wichtigen Voraussetzung für geschäftliches Wachstum befassen: dem Aufbau hervorragender Beziehungen zu Ihren Kernkunden. Ihre Kernkunden stehen im Mittelpunkt Ihres Geschäfts. Sie kaufen ständig bei Ihnen, sind also Ihre Hauptein-nahmequelle. Ausserdem empfehlen sie Sie gerne weiter, weil sie von Ihren Produkten und Ihrem hervorragenden Service überzeugt sind.

Erstaunlicherweise wissen viele Geschäftsleute nicht, wer ihre Kernkunden sind. Dabei sind diese der Schlüssel zum künftigen Wachstum. Leider nehmen viele diese wichtigen Beziehungen nur allzu oft als selbstverständlich hin – nach dem Motto: Dieser Kunde bestellt doch sowieso schon seit Jahren bei uns. Wir müssen uns stattdessen auf die Akquise von Neukunden konzentrieren. Es steht ausser Zweifel, Neukunden sind wichtig. Doch mit Ihren besten Kunden in Kontakt zu bleiben, ist wichtiger. Denn es ist viel schwieriger, neue Kunden zu finden, als alte Kunden gut zu bedienen und bei der Stange zu halten.

Ich habe in der Literatur eine lustige Geschichte gefunden, die zeigt, wie viel Mühe manche Menschen sich geben, um wirklich gut vorbereitet zu sein:

Ein reicher Texaner reiste zum ersten Mal in seinem Leben nach Dublin und wollte unbedingt das dortige Nachtleben kennenlernen und ein paar nette Bekanntschaften schliessen. Es war Samstagabend, und er ging in einen Pub, in dem viel los war. Überall standen grosse Krüge mit Guinness-Bier herum, dem die durstigen Einheimischen fleissig zusprachen.

Um mit den Gästen ins Gespräch zu kommen und sie zu beeindrucken, verkündete der Texaner, er werde dem Ersten, der zehn Halbliterkrüge Guinness hintereinander trinken könne, 1’000 Euro schenken. Keiner antwortete. Ein Mann neben ihm stand sogar auf und verliess den Pub. Das wunderte den Texaner, denn er wusste, dass die Iren einiges vertragen können.

Nachdem er eine Viertelstunde lang allein an der Theke gesessen hatte, klopfte ihm jemand von hinten auf die Schulter. Als er sich umdrehte, fragte ein etwa 70 Jahre alter kleiner Ire ihn: »Entschuldigen Sie, Sir – gilt die Wette noch?« – »Klar«, sagte der Texaner. Im Nu hatte sich an der Theke herumgesprochen, dass der alte Mickey Malone die Wette angenommen hatte. Bedächtig stellte der Barkeeper zehn Halbliterkrüge Guinness vor ihn hin. Mickey rieb sich die Hände und machte sich an die Arbeit. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Halbe – ein rascher Atemzug – acht, neun – inzwischen feuerten die anderen Gäste in der Kneipe ihn an, jubelten ihm zu, schrien und stampften mit den Füssen auf den Boden – und schliesslich kippte Mickey das zehnte Bier hinunter. Er hatte es tatsächlich geschafft! Die Zuschauer stimmten ein ohrenbetäubendes Gebrüll an, das man bestimmt auch zwei Häuserblocks weiter noch gehört hat.

Tief beeindruckt blätterte der Texaner zehn nagelneue 100-Euro-Scheine auf die Theke. Dann überlegte er kurz. »Sind Sie nicht der Typ, der vorhin rausgegangen ist, als ich die Wette ausrief?« – »Ja, Sir«, gab Mickey verlegen zu. »Und warum?«, fragte der Texaner. »Na ja, ich bin erst mal in den Pub gegenüber gegangen, um auszuprobieren, ob ich das auch wirklich kann!«

(Quelle: Canfield/Hansen/Hewitt, The Power of Focus)