Äpfel mit Äpfel vergleichen – geht das?

Ich bin mir sicher, dass Sie den alten „Äpfel mit Äpfeln“-Vergleich kennen. Der Zweck dieser Analyse besteht darin, welches von zwei scheinbar gleichen Produkten man kaufen soll. Nehmen wir an, Sie hätten die Wahl zwischen zwei Äpfeln. Beide sind identisch bezüglich Sorte, Grösse, Gewicht, Form, Farbe und Geschmack. Doch der eine Apfel kostet 20% mehr als der andere. Welchen Apfel würden Sie kaufen?

Höchstwahrscheinlich den günstigeren. Was, wenn der teurere Apfel aus biologischem Anbau stammt und Ihnen dieses Attribut wichtig wäre? Welchen Apfel würden Sie jetzt kaufen? Sie würden den teureren biologischen Apfel kaufen. Was, wenn der teurere Apfel in unmittelbare Nähe zu kaufen wäre, während Sie für den günstigeren Apfel 10 Kilometer fahren müssten? Welchen Apfel würden Sie jetzt kaufen, wenn Sie kein Auto hätten? Sie würden den teureren Apfel kaufen, weil Sie kein Transportmittel haben, um den günstigeren zu kaufen.

In beiden Fällen wurde das Kaufverhalten beeinflusst, obwohl sich am Kern des Produktes nichts verändert hat. Die Äpfel waren immer noch identisch bezüglich Sorte, Grösse, Gewicht, Form, Farbe und Geschmack.

Bei der Suche nach einer sinnvollen Differenzierung konzentrieren sich viele Verkäufer und Berater nur auf den Kern des Produktes oder der Dienstleistung und sind frustriert, wenn sie keine finden. Nehmen Sie die Apfel-Story als Beispiel. Wir als Kunden haben auf den Kern des Produktes geschaut und so konnten wir keine Differenzierung feststellen. Deshalb wählten wir den billigeren Apfel. Der Preis wird in den allermeisten Fällen der entscheidende Faktor bleiben, wenn Kunden keine sinnstiftende Differenzierung wahrnehmen.

Es ist oftmals ratsam, sich vom Kern des Produktes zu entfernen, um differenzierende Aspekte zu finden. Der Preis ist nicht das Problem, wenn der Kunde bemerkt, dass das Konkurrenzprodukt günstiger ist. Es ist lediglich ein Symptom. Was der Kunde damit sagen will: „Sie haben mir keinen vernünftigen Grund genannt, weshalb ich für ihr Produkt mehr bezahlen soll.“

Wenn Verkäufer mit der Preisfrage nicht umgehen können, so ist man in vielen Unternehmen der Meinung, dass es ihnen an Abschlussfähigkeiten mangle. Dann werden Verkaufstrainer engagiert, die ihnen Abschlusstechniken beibringen sollen. Nochmals, das Problem ist nicht der Preis, sondern dem Verkäufer ist es nicht gelungen, eine Differenzierung herauszuarbeiten, die beim Kunden auf Resonanz stösst.

Denken Sie an ihr Geschäft und ihre Kunden. Was ist für die Entscheider, ausserhalb des Produktekerns, kaufrelevant? Diese Aspekte müssen bedeutend sein, damit jemand zu einem höheren Preis bei Ihnen kauft. Wo finden Sie diese?

Bei den folgenden 6 Aspekten lohnt es sich, näher hinzuschauen:

– Das Unternehmen: Grösse, Spezialitäten, Expertise, Organisationsstruktur,
Finanzielle Stärke, Strategische Partner, Schlüsselkunden, Kundenzufriedenheit, u.a.m.

– Die Menschen: Expertise, Auswahl der Mitarbeiter, Fluktuation, Mitarbeiterzufriedenheit,
Ruf der Mitarbeiter, Schlüsselfähigkeiten, Fachliches Niveau, u.a.m.

– Die Produkte: Attribute, Qualität, Level, Exklusivität, Kundenspezifische Lösungen
Herstellungswerk, Verpackung, Produktverbesserungen dank Kundenfeedback,
Lösung aus einer Hand, u.a.m.

– Der Service: Flexibilität, Kundenservice, Servicetage und -zeiten, Kunden Onboarding,
Leistungsmessung und  Monitoring, Inventar, Lieferung, Rapporte und Analysen,
Prozesseffizienz, Sicherheit, u.a.m.

– Die Technologie: Integration, Onlinebestellung, Sprachen, Datensicherung, Sicherheit,
Webseite, Software-Entwicklungsprozess und Testphase, Flexibilität, Helpdesk,
User Guides, Mobilität, u.a.m.

– Die Verträge: Flexible Bedingungen, Preisstruktur, Garantie, Servicelevel, Dauer,
Zahlungsbedingungen, u.a.m.

Damit die Umsetzung gelingt, gilt es folgendes zu beachten: Erstens, nicht alle Differenzierungen sind für alle Kunden gleichwertig. Zweitens, Differenzierungen müssen kundengerecht positioniert sein, damit der Kunde zusätzliche Werte daraus erkennt und bereit ist, den geforderten höheren Preis zu bezahlen.