Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt

Weshalb verkaufen nicht alle Verkäufer in einem Unternehmen auf gleich hohem Niveau? Was hält viele von ihnen zurück? Wenn Verkäufer das Verkaufen als Wertschöpfung für Menschen betrachten und sich selbst in der Lage sehen, dies zu erreichen, dann werden sie sich mit dem Produkt oder der Dienstleistung identifizieren. Sie wollen, ja gar müssen verkaufen!

Was muss erfüllt sein, damit Verkäufer nachhaltig mehr verkaufen? Aufgrund meiner Jahrzehnte langen Erkenntnissen und Erfahrungen bin ich überzeugt, dass nachhaltige Verkaufsresultate auf die folgende Art und Weise zustande kommen:

Nachhaltige Verkaufsresultate = Skillset + Mindset + Disziplinierter Prozess

Das Skillset, die Fähigkeit zu verkaufen und der Disziplinierte Prozess sind offensichtlich. Doch was steckt hinter dem Mindset?

Was wir denken, fühlen und wie wir handeln, hängt wechselseitig zusammen und ist geprägt von Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben. Dazu gehören sowohl positive, die uns in bestimmten Bereichen ermutigen und bestärken als auch negative, die dazu führen können, dass wir uns gewisse Handlungen nicht zutrauen. Vielleicht hat jemand in der Schule ein Referat vorgetragen und dabei angefangen zu stottern. Das löste bei Klassenkameraden Spott und Schadenfreude aus. In der Konsequenz führte dies bei der Person dazu, dass sie sich für einen schlechten Redner hält und fortan solche Gelegenheiten tunlichst meidet.

Wären die Erfahrungen hingegen anders verlaufen, hätte dies womöglich eine wesentlich selbstbewusstere Persönlichkeit hervorgebracht, die um ihre Fähigkeiten weiss und sie gezielt einsetzt. Das Mindset (auch Denkweise oder Selbstbild) arbeitet vor dem Hintergrund unserer Prägungen wie ein Filter, der bestimmt, wie wir unser Potenzial wahrnehmen.

Die Frage, die sich nun stellt: Ist die Person, die negative Erfahrungen gemacht hat, zwangsläufig ein schlechter Redner? Oder sind es nicht eher die Erinnerungen an die Situation, die dazu führen, dass man sich nicht erneut dem Hohn anderer aussetzen möchte für den Fall, dass eine Rede wieder schwierig werden könnte? An dieser Stelle wird die alte Frage nach Talent oder harter Arbeit erneut aufgeworfen: Können manche Menschen Dinge ganz ohne Übung erreichen? Können die anderen mit einem entsprechenden Training zu ähnlich guten Ergebnissen kommen?

Die Motivationspsychologin Prof. Dr. Carol Dweck von der Stanford University erforscht seit langem, wie Menschen mit Niederlagen umgehen und was manche dazu veranlasst, unbeeindruckt Herausforderungen zu suchen, während andere aufgeben. Ihrer Theorie zufolge gibt es zwei Formen von Mindset: das Growth Mindset (growth = englisch für Wachstum; hier häufig mit wachstumsorientiert, dynamisch übersetzt) und das Fixed Mindset (fixed = englisch für starr, statisch).

Es lässt sich beobachten, dass Menschen, die eher in die Kategorie Fixed Mindset gehören, dazu neigen, bestimmte Fähigkeiten als angeboren, als Talent zu beurteilen,
z. B: der „geborene Verkäufer“. Wenn sie an einer Aufgabe scheitern, so führen sie das darauf zurück, dass ihnen bestimmte Begabungen offenbar fehlen. Menschen, die in die Kategorie Growth Mindset gehören, sind der festen Überzeugung, dass sie alles erreichen können, solange sie genügend Einsatz bringen, trainieren oder lernen. Diese Einstellung ist es auch, die Menschen nicht nur ein deutlich geringeres Stresslevel ermöglicht, sondern zu mehr Fortschritt führt.

Ihre Studien offenbarten, dass Menschen, deren Intelligenz gelobt wurde, sehr viel wahrscheinlicher ein statisches Mindset entwickelten, während diejenigen, deren Anstrengungen gelobt worden waren, dazu tendierten, ein dynamisches Mindset zu entwickeln.

So lässt sich für Menschen mit einem statischen Mindset sagen, dass sie…

  • Herausforderungen vermeiden, wenn sie Niederlagen befürchten.
  • nicht gut mit diesen Niederlagen umgehen können.
  • versuchen, diese Niederlagen zu verbergen.
  • überzeugt davon sind, nur auf einem Gebiet begabt zu sein.
  • negative Glaubenssätze innerlich häufig wiederholen.

Im Gegensatz dazu ist bei Menschen mit einem dynamischen Mindset zu beobachten, dass sie…

  • wissbegierig und neugierig darauf sind, etwas Neues zu erlernen.
  • wissen, dass Anstrengungen dafür nötig sind, um etwas zu erreichen.
  • Fehler machen als Chance sehen, etwas daraus zu lernen.
  • ihre Schwächen kennen und daran arbeiten.
  • Herausforderungen lieben.
  • offen für neue Erfahrungen und Wege des Lernens sind.

Dweck’s Studien eignen sich hervorragend, typische Verhaltensweisen von Verkäufern besser zu verstehen: Verkäufer mit einem statischen Mindset haben es heutzutage schwer. Sie besuchen bevorzugt bestehende Kunden und erfinden Ausreden, damit sie der Akquise aus dem Weg gehen können. Sie nehmen Niederlagen persönlich und suchen die Gründe für den Misserfolg bei den hinderlichen Umständen.

Anders die Verkäufer mit einem dynamischen Mindset. Sie sind offen und neugierig darauf, vom Kunden möglichst viele relevante Informationen zu erhalten. Diese Neugierde legen sie auch bei Weiterbildungs-Veranstaltungen an den Tag. Niemand braucht ihnen zu erklären, dass in den heutigen, überversorgten Märkten der industrialisierten Welt Tugenden wie Fleiss und Durchhaltewillen zwingend nötig sind. Sie sind sich bewusst, dass Niederlagen dazugehören und lassen sich deswegen nicht demotivieren, im Gegenteil. Sie sind offen für neue Methoden und finden beim Kunden Wege, wo es noch keine gab.

Literaturhinweis: Carol Dweck, Selbstbild, Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt, Piper Verlag